Profitieren bayerische Habichtskäuze von „Trittsteinen“ in Österreich?

Pressemitteilung Nr. 014/11

Datum: 19.01.2011

Habichtskauz (Foto: Rainer Pöhlmann)

Habichtskauz (Foto: Rainer Pöhlmann)

Die Wiederansiedlung des Habichtskauzes gehört zu den Erfolgsgeschichten im Artenschutz des Nationalparks Bayerischer Wald; denn diese nach dem Uhu zweitgrößte Eulenart Europas ist seit vielen Jahren in den Wäldern des Bayerischen Waldes wieder auf Mäusejagd. Einziges Problem: die nächsten Vorkommen liegen ca. 300 km entfernt in der Nord-Slowakei bzw. in Slowenien. Ein genetischer Austausch ist damit so gut wie ausgeschlossen, weil Forschungsergebnisse belegen, dass Habichtskäuze maximal bis 150 km abwandern.

Ein Ausbürgerungsversuch auf „halber Strecke“ im Osten Österreichs könnte die Lösung sein.
Über dieses seit zwei Jahren und auf fünf Jahre begrenzte Wiederansiedlungsprojekt berichtete in einem sehr anschaulichen und informativen Vortrag Dr. Richard Zink vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der Universität Wien im Rahmen der Wissenschaftlichen Vortragsreihe des Nationalparks Bayerischer Wald vom 100 hochinteressierten Zuhörern im Waldgeschichtlichen Museum St. Oswald

Dr. Jörg Müller von der Nationalparkverwaltung hob in seinem Begrüßungsstatement hervor, dass die im Jahr 2006 an gleicher Stelle stattgefundene Europäische Eulentagung den Anstoß gegeben hat, in Österreich, wo es bis dato keine freilebenden Habichtskäuze mehr gab, Trittsteine nach Bayern zu legen.

Früher, begann Dr. Zink seinen Vortrag, war der Habichtskauz in naturnahen alten Wäldern im östlichen Mitteleuropa eine verbreitet vorkommende Eule, auch in Österreich. Weil dieser große Nachtgreifvogel als Lebensraum die Nähe von Waldrändern und –lichtungen bevorzugt, wurde der wenig scheue Vogel oft zur leichten Beute der Jäger von Niederwildrevieren. Als zweiten Grund seines dramatischen Rückgangs bzw. Aussterbens im 19. und 20. Jahrhundert nannte Dr. Zink den zunehmenden Mangel an Brutplätzen in Form alter morscher Bäume.

Etwa 1.300 Habichtskäuze leben noch in den naturnahen Wäldern von der Hohen Tatra über den Karpatenbogen bis zu den slowenischen Alpen. Ihre Hauptnahrung besteht aus erbeuteten Nagern, insbesondere Mäusen. Lange, schneereiche Winter können deshalb zu hohen Verlusten (bis 80 %) unter der Habichtskauzpopulation führen, was die Vögel durch ihre Langlebigkeit von bis zu 30 Jahren wieder ausgleichen.

Bevor man mit dem Wiederansiedlungsprojekt begann, wurde die Frage des Erfolges - vielleicht sinnloser Aufwand? – gestellt. Die auch längerfristig kaum zu überwindende Distanz bis an ihre westliche Verbreitungsgrenze im Bayerischen Wald entschied schließlich, den Versuch einer Wiederansiedlung auf „halber Strecke“ im Wienerwald und dem Wildnisgebiet Dürrnstein zu wagen. Seit zwei Jahren wurden bis jetzt ca. 50 junge Habichtskäuze wie im Nationalpark Bayerischer Wald aus Volieren in ursprünglicher Umgebung freigesetzt. Futterstellen in unmittelbarer Nähe und Kirrplätze für Mäuse sollen das ehrgeizige Projekt unterstützen.
Die jungen Habichtskäuze werden bereits sehr früh freigelassen, um die Bindung an die Futterstellen zu sichern. Bei späterer Ausbürgerung würden die Vögel sehr bald größere „Ausflüge“ unternehmen mit der Gefahr, eventuelle zu verhungern. Zur Kontrolle des Erfolges werden die Tiere beringt, Fotofallen aufgestellt und Nisthilfen angeboten und natürlich die größere Anzahl mit Sendern an der mittleren Schwanzfeder ausgestattet.
Die ersten Ergebnisse belegen die größte Aktivität der ausgewilderten jungen Habichtskäuze in der Morgen- und Abenddämmerung und eine lange Verweildauer im näheren Umkreis der Freilassungsvolieren. Erstaunlich oft zu beobachten war die darauf plötzlich folgende Abwanderung in 20 bis 30 Kilometer entfernte Gebiete mit ebenfalls günstigem Lebensraum und folgender abermaliger Standortstreue.
Im zweiten Jahr ihrer Freilassung konnten bereits Abwanderungen bis zu einer Entfernung von 100 Kilometern in den Raum Linz festgestellt werden, wo schon 2008 ein Habichtskauz gesichtet wurde, der höchstwahrscheinlich aus dem Wiederansiedlungsprojekt im Nationalpark Bayerischer Wald stammte.
Trifft diese Vermutung zu, wäre die Vernetzung über das Projekt „Trittstein aus halbem Weg“ gelungen und die „Mini-Population“ im Bayerischen Wald aus ihrer Isolation befreit.

Weiterführende Infos unter: www.habichtskauz.at     

Foto Habichtskauz: Rainer Pöhlmann

Weitere Informationen zur "Wissenschaftlichen Vortragsreihe" finden Sie hier:
http://www.nationalpark-bayerischer-wald.de/aktuelles/wiss_vortraege.htm


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