Bayerischer Wald
Borkenkäfer hilft seltenen Arten
Pressemitteilung Nr. 269/10
Die Zitronengelbe Tramete, ein weltweit sehr seltener Pilz, ist in den Naturzonen des Nationalparks wieder häufig
Seit zwanzig Jahren bringen Heerscharen von nur 5 mm großen Borkenkäfern, hauptsächlich Buchdrucker, Altfichten im Nationalpark Bayerischer Wald großflächig zum Absterben. Diese Flächen mit Unmengen an Totholz haben dabei enorme Emotionen geschürt. „Kaputtgeschützt“ oder „ökologische Katastrophe“ sind Schlagworte die bis heute durch die Fach- und Medienwelt geistern. Hierbei wird auch immer wieder das Konzept „Nationalpark“ grundlegend in Frage gestellt. Aktuelle Forschungsergebnisse belegen das Gegenteil: Große Mengen Totholz beleben die Artenvielfalt.
Die beiden Nationalparkforscher, der Zoologe Dr. Jörg Müller und der Mykologe Dr. Claus Bässler haben in zwei aktuellen Veröffentlichungen in den Internationalen Fachjournalen Fungal Biology und Biological Conservation überzeugend aufgezeigt, dass die rasche Anreicherung von großen Mengen an Totholz zu allem anderen, als einer „ökologischen Wüste“ führt. So kann jetzt erst die Zitronengelbe Tramete, ein weltweit sehr seltener Pilz, ihre letzten Zufluchtsstätten, zwei kleine Urwaldreservaten im Böhmisch-Bayerischen Grenzgebirge, verlassen. Heute ist sie in den Naturzonen des Nationalpark so häufig, wie nirgends in Europa.
Begründung: Um sich optimal entwickeln zu können, benötigt die Zitronengelbe Tramete eine große Anzahl von Fruchtkörpern des „Rotrandigen Fichtenporlings“ und die findet er im vom Borkenkäfer flächig abgetöteten Bergfichtenwald in großen Mengen.
Auch Käfer profitieren vom Totholz
Im Nationalpark wurden 450 im Totholz oder Moderholz lebende Käfer nachgewiesen. Bei diesen Käfern hat sich gezeigt, dass erst ab Mengen von 35 bis 120 m³/ha, wie man sie großflächig in Bayern nur im Nationalpark findet, seltene Arten wieder häufig werden. Obwohl je nach Käferart entweder dichte oder sehr lichte Waldbestände bevorzugt werden, konnten Rote Liste Arten immer nur in Verbindung mit hohen Mengen an Totholz nachgewiesen werden. Die Studie zeigt, dass die durch Borkenkäferfraß anfallenden Totholzmengen besonders die seltenen Arten gefördert haben. Die Auflichtung im toten Wald mögen demnach nicht nur junge Fichtenbäumchen, sondern auch die an Fichten lebende Spezialisten.
Mit den Studien von Dr. Müller und Dr. Bässler ist klar widerlegt, dass die Strategie des Nationalpark „Natur Natur sein lassen“ zu einer Verschlechterung des Bergwaldökosystems führt. Vielmehr können hierdurch gerade besonders seltene Arten wieder größere Populationen aufbauen und ihre Verbreitung ausdehnen, was sie vor dem Aussterben bewahrt.
Der Nationalpark Bayerischer Wald stellt momentan das wichtigste Pilotgebiet für ein Mittelgebirge im Herzen Europas dar, indem Erkenntnisse zur Bedeutung von großflächig ungenutzten Wäldern gewonnen werden können. Er ist damit ein wichtiger Baustein in der deutschlandweiten Strategie zur Bewahrung der Biologischen Vielfalt.
Die Forschungsergebnisse aus dem Nationalpark unterstreichen weltweit erarbeitete Erkenntnisse, die immer wieder auf die wichtige Funktion von Walddynamik für den Erhalt der Biologischen Vielfalt hingewiesen haben. Wie der amerikanische Prof. Reed Noss immer wieder betont, ist es ein generelles Phänomen, dass weltweit viele Menschen auf Grund des fehlenden ästhetischen Empfindens und mangelnden Wissens Aufräumhiebe nach „Naturkatastrophen“ befürworten. Forschungseinrichtungen in Nationalparks können hier wichtige Beiträge zur Aufklärung beitragen.
Bildunterschrift
Die Zitronengelbe Tramete, ein weltweit sehr seltener Pilz, ist heute in den Naturzonen des Nationalparks so häufig, wie nirgends in Europa.
Bilder stehen unter http://www.nationalpark-bayerischer-wald.bayern.de/aktuelles/mediathek/index.htm zum Download bereit
Das Veranstaltungsprogramm zum 40-jährigen Jubiläum des Nationalparks Bayerischer Wald kann auf der Website der Nationalparkverwaltung unter http://www.nationalpark-bayerischer-wald.de unter Aktuelles“ heruntergeladen werden.
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