Das Juwel des Naturschutzes feiert seinen 40. Geburtstag

Pressemitteilung Nr. 034/10

Datum: 30.03.2010

Bei der Eröffnungsfeier des Nationalparks Bayerischer Wald am 7. Oktober 1970 ließ sich Staatsminister Dr. Hans Eisenmann (rechts) von Peter Wernsdorfer mit der Pferdekutsche durch den Wald fahren.
Foto: Archiv NPV

Bei der Eröffnungsfeier des Nationalparks Bayerischer Wald am 7. Oktober 1970 ließ sich Staatsminister Dr. Hans Eisenmann (rechts) von Peter Wernsdorfer mit der Pferdekutsche durch den Wald fahren. Foto: Archiv NPV

Bei der Eröffnung des Nationalparks: Dr. Hans Eisenmann (links), Dr. Hans Bibelriether (rechts),  Prof. Dr. Bernhard Grzimek und Dr. Bruno Merk (im Hintergrund).
Foto: Archiv NPV

Bei der Eröffnung des Nationalparks: Dr. Hans Eisenmann (links), Dr. Hans Bibelriether (rechts), Prof. Dr. Bernhard Grzimek und Dr. Bruno Merk (im Hintergrund). Foto: Archiv NPV

Am 7. Oktober 1970 wurde der Nationalpark Bayerischer Wald mit einem Festakt und mehrtägigen Feierlichkeiten für die Region vom damaligen bayerischen Landwirtschaftsminister Dr. Hans Eisenmann eröffnet.

Politprominenz wie Landtagspräsident Rudolf Hanauer und Innenminister Bruno Merk sowie die Naturschutzpioniere Dr. Bernhard Grzimek und Hubert Weinzierl werteten mit ihrer Anwesenheit den Geburtstag des ersten deutschen Nationalparks zusätzlich auf.

Schon nach wenigen Jahren erfüllte sich der sehnlichste Wunsch der Kommunalpolitiker, Touristiker und einheimischen Bevölkerung: Der Nationalpark Bayerischer Wald wurde dank eines vorrangigen Aufbaus von Besuchereinrichtungen, wie z. B. dem Tier-Freigelände und einem mit Informationen bestens ausgestatteten Netz von markierten Wanderwegen, ein Magnet für Besucher aus dem ganzen deutschsprachigen Raum. Die Übernachtungszahlen stiegen schneller als erhofft und bescherten der oft als „Armenhaus Deutschlands“ bezeichneten Region einen bescheidenen Wohlstand. Die Akzeptanz des Nationalparks in der Bevölkerung erreichte fast „Traumwerte“, zumal die Holznutzung für die erste Jahresdekade nicht wesentlich reduziert wurde.

Auf Dauer konnte die wirtschaftliche Förderung der Region bei gleichzeitiger Fortsetzung der Holznutzung jedoch nicht alleiniges Ziel des jungen Nationalparks sein. Die Vision, einen „bayerischen Weg“ in Anlehnung an die weltweit geltenden Nationalpark-Kriterien zu finden, fand zunächst zögerliche, letztendlich aber doch Zustimmung.

Bei gleichzeitiger Ausweisung von sog. Reservatszonen, den heutigen Naturzonen, sollte die Holznutzung in einem 20 bis 30-jährigen Übergangszeitraum schrittweise reduziert werden. Unerwartet schnell stellte die Natur mit einem lokalen Gewittersturm am 1. August 1983 im Rachelgebiet die kurz zuvor festgelegten Ziele auf die Nagelprobe. Ca. 20.000 Festmeter Windwurfholz in den neu geschaffenen Naturzonen sollte nach eingehender Prüfung vor Ort durch Minister Eisenmann nicht aufgearbeitet werden. Stattdessen sollte ein „Urwald für unsere Kinder und Kindeskinder“ (Zitat Eisenmann) entstehen. Beginnender Borkenkäferbefall und auch die Ausweisung von Kerngebieten mit eingeschränktem Betretungsrecht konfrontierten die heimische Bevölkerung mit gravierenden Veränderungen im Nationalpark.

Andererseits entwickelte sich der Nationalpark aber auch in den Bereichen Umweltbildung und Regionalentwicklung, Forschung und Besucherbetreuung stetig weiter. Er blieb trotz inzwischen 13-facher Konkurrenz im Lande der Vorzeige-Nationalpark Deutschlands – von Politikern und Naturschützern gleichermaßen als ein Juwel des Naturschutzes bezeichnet.

Europaweit richtungsweisende Einrichtungen wie das Hans-Eisenmann-Haus mit Pflanzen- und Gesteins-Freigelände, das Waldspielgelände mit dem Naturerlebnispfad, ein grenzüberschreitendes Wanderwegenetz „Natur und Geschichte erleben“ oder der Seelensteig wurden gebaut und erfreuten sich fortan größter Beliebtheit bei den Nationalpark-Besuchern. Die Erweiterung des Nationalparks 1997 brachte das Haus zur Wildnis, das Wildniscamp am Falkenstein und ein neues Tier-Freigelände, am Hans-Eisenmann-Haus den Baumwipfelpfad.

Der scheinbar sterbende Wald zwischen Rachel und Lusen brachte nicht den befürchteten Einbruch im Tourismusgeschäft, und die Einstellung der Holznutzung nach den Orkanen Wiebke und Vivian im Frühjahr 1990 führte nicht zur befürchteten Reduktion der Arbeitsplätze im Nationalpark - ganz im Gegenteil: Mit 200 sicheren Dauerarbeitsplätzen bietet die Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald heute gut das Doppelte als in Wirtschaftswäldern vergleichbarer Größe. Und – wie die „Jobstudie“ (2007) belegt, finden weitere 939 Menschen in der Region Arbeit über den Tourismus dank des Nationalparks. Das sind beeindruckende Zahlen für eine strukturschwache Region, die gerade in den letzten Jahren unter wegbrechenden Arbeitsplätzen im produzierenden Gewerbe besonders gelitten hat.

Der Nationalpark Bayerischer Wald kann aber auch auf dem Naturschutzsektor deutlich punkten. Ehemals entwässerte Moorgebiete erleben eine Wiedergeburt, und zur Holztrifft begradigte Bergbäche bewegen sich wieder frei in den Schleifen ihres ursprünglichen Bachbetts. Nicht nur Biber, Fischotter und Schwarzstorch freuen sich über neue Lebensräume, auch für den Erholung suchenden Menschen dienen die entstandenen Wildlandschaften als wohltuende Augenweiden.
Viel schneller als erwartet hat sich der Hochlagenwald in nur einem Jahrzehnt von einem apokalyptischen Bild zum Hoffnungsträger gewandelt. Um den Blick auf die neue Waldwildnis zwischen Rachel und Lusen mit ihren vielfältigen Strukturen und einer faszinierenden Farbenpracht wird der Nationalpark Bayerischer Wald heute mehr denn je beneidet. Sein Alleinstellungsmerkmal „Grenzenlose Waldwildnis“ gilt als international anerkanntes Qualitätssiegel.

Zusammenfassend darf heute gesagt werden: Das geduldige Warten hat sich gelohnt. Die Natur hat mit ihren eigenen rauen Gesetzen die Vorstellungen der Menschen gewaltig erschüttert, jedoch mit ihren ungeahnten Selbstheilungskräften wieder versöhnt.

Zurecht und mit Stolz kann deshalb der 40. Geburtstag des ersten deutschen Nationalparks gefeiert werden. Nicht auf einen einzigen Tag oder ein Wochenende beschränkt sollen die Feierlichkeiten sein, sondern so, wie sich der Nationalpark präsentiert: mit einem ganzen Strauß von Veranstaltungen mit vielfältigsten Inhalten, verteilt über das ganze Jahr hinweg, mit einem Höhepunkt – dem Fest für die Region – zum eigentlichen Geburtstagswochenende 8. bis 10. Oktober. 

Bildunterschriften:

Foto rechts: 
Bei der Eröffnungsfeier des Nationalparks Bayerischer Wald am 7. Oktober 1970 ließ sich Staatsminister Dr. Hans Eisenmann (rechts) von Peter Wernsdorfer mit der Pferdekutsche durch den Wald fahren.
Foto: Archiv NPV

Foto links: 
Bereits im Festzelt wurde zwischen Staatsminister Dr. Hans Eisenmann (links) und Nationalparkleiter Dr. Hans Bibelriether (rechts) eifrig diskutiert, wie der weitere Weg des gerade eröffneten ersten deutschen Nationalparks beschritten werden soll.
Prof. Dr. Bernhard Grzimek und der damalige Bayer. Innenminister Dr. Bruno Merk (2.v.r.) verfolgen mit großem Interesse.
Foto: Archiv NPV


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