Der Bartgeier - eine Superlative der Vogelwelt

Pressemitteilung Nr. 169/08

Datum: 02.12.2008

Erfolgreiches Wiederansiedlungsprojekt im gesamten Alpenraum

(Pö) Mit Dr. Hans Frey von der Universität Wien konnte Dr. Jörg Müller einen ausgewiesenen Fachmann gewinnen, der im Rahmen der Wissenschaftlichen Vortragsreihe im Waldgeschichtlichen Museum einen sehr spannenden Querschnitt über die Wiederansiedelung des in den Alpen einst ausgerotteten Bartgeiers gab. In einem reich bebilderten Vortrag verstand es Dr. Frey, mit plakativer und allgemein verständlicher Sprache von Beginn an seine
Gäste im Waldgeschichtlichen Museum zu fesseln.

Der Bartgeier ist nicht nur der größte Greifvogel Europas, sondern einer der größten flugfähigen Vögel der ganzen Erde. Seine Spannweite misst fast drei Meter. Obwohl er ausschließlich Aas und davon insbesondere die Knochen frisst – vor einem lebenden Tier würde er verhungern, erzählte Dr. Frey – teilte er das Los aller Beutegreifer durch gnadenlose Verfolgung.

1913 starb das letzte Exemplar im italienischen Aostatal durch Menschenhand.

Im Rahmen eines WWF-Projektes setzte sich der Veterinärmediziner Dr. Hans Frey von der Universität Wien zum Ziel, den majestätischen Bartgeier in den Alpen wieder heimisch zu machen. Mit Unterstützung des Alpenzoos Innsbruck gelang es Frey, ab 1978 Bartgeier zunächst in Gefangenschaft zu züchten und ab 1986 im Raurieser Tal der Hohen Tauern in Österreich wieder anzusiedeln. Was sich so einfach anhört, konnte nur mit viel Geduld, Einfühlungsvermögen und dem Glück des Tüchtigen gelingen.

Einen langen Atem erfordert so ein Ausbürgerungsprojekt, denn Bartgeier ziehen immer nur ein Junges auf. Trotz ihrer stattlichen Größe – die Vögel brüten nur in versteckten Steilwänden im Hochgebirge mitten im Winter – sind die Jungvögel äußerst temperaturanfällig. Nur wenige Zehntel Grad Temperaturunterschied reichen aus, so Dr. Frey, um den jungen Geier zu schwächen und sterben zu lassen. In freier Natur kommunizieren die Jungvögel durch unterschiedliche Lautäußerungen mit den Eltern, die dann entweder mehr wärmen oder belüften und auf diese Weise für die stets richtige Temperatur sorgen. „Wir Züchter verstehen diese Töne nicht und konnten nur hoffen, jeweils das Richtige getan zu haben“, verdeutlichte Dr. Frey einen Aspekt der Aufzuchtprobleme.

1986 war es dann soweit. Die ersten von Hand aufgezogenen Bartgeier konnten der Freiheit überantwortet werden. Ständige Fütterungen und Kontrollen waren nötig, um die kostbaren Vögel einem Minimum an Gefahren auszusetzen und ihre Überlebenschancen zu erhöhen; denn sechs lange Jahre dauert es, bis die Bartgeier erwachsen sind und dann hoffentlich beginnen, sich paarweise zusammenzuschließen, um vielleicht erfolgreich zu brüten. Sie taten es. Dr. Frey kann rückschauend noch heute darüber freudestrahlend berichten. „Nach fünf Jahren fand die erste Paarbildung statt und die erste erfolgreiche Brut wurde neun Jahre nach der Erst-Freilassung nachgewiesen“, erzählt Dr. Frey nicht ohne Stolz seinen Gästen.

Heute leben wieder 15 Brutpaare in den Alpen. Sie alle entstammen vier Ausbürgerungsorten, die jeweils ca. 200 Kilometer voneinander entfernt sind. „Diese scheinbar riesige Entfernung“, erklärte Dr. Frey, „ist wegen des im Vergleich zum Steinadler zehnmal größeren Jagdgebietes notwendig“.

Fast ungläubiges Erstaunen lösten beim Publikum die von Dr. Frey aufgelisteten „persönlichen Daten“ der Bartgeier aus. So benötigt ein Vogel bei einem Körpergewicht von fünf bis sechs Kilogramm nur etwa 250 Gramm Nahrung – meistens Knochen – am Tag. Das heißt, ein Schafskelett reicht einem Geier einen ganzen Monat! Bartgeier können außerdem sehr alt werden - 50 Jahre und mehr sind keine Seltenheit – und führen, einmal den richtigen Partner gefunden, eine Ehe auf Lebenszeit.

Als Recycling-Spezialisten bezeichnete Dr. Frey die stattlichen Bartgeier. Mit ihrer übergroßen Schnabelöffnung sind sie in der Lage, auch große Knochen im Ganzen zu schlucken. Schaffen Sie es einmal nicht, lassen sie den Knochen aus großer Höhe auf felsigem Untergrund aufschlagen und zersplittern, um an das begehrte Knochenmark zu gelangen.

Sein endgültiges Alterskleid bekommt der Bartgeier erst mit sechs Jahren, wenn er geschlechtsreif wird. Dabei stellte man bei den „Zootieren“ fest, dass Kopf, Hals und Beine schneeweiß werden, ganz im Gegensatz der in Freiheit lebenden Bartgeier, die an diesen Körperstellen rotbraune Federn tragen. Des Rätsels Lösung ergab eine Zufallsbeobachtung in freier Natur. Die Bartgeier beschmieren sich mit dem Blut der gefundenen Aastiere oder baden gerne in eisenhaltigen und deshalb rot gefärbten Tümpeln. Da fällt einem doch glatt das Zitat ein: „Wer schön sein will, muss leiden“.

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