Den Tieren auf der Spur

Hirsche, Luchse und Wildschweine im Fokus: Schneeschuhtour im verschneiten Nationalpark

Eintrag Nr. 05/2017
Datum:


In der entstehenden Waldwildnis zwischen Falkenstein, Rachel und Lusen tummeln sich viele tierische Gesellen. Meist verstecken sich Luchs, Rothirsch, Wildschwein und Co. aber ganz gut vor Wanderern.


Gemeinsam geht’s ans Tierspuren erraten. Wenn die Führungsteilnehmer nicht mehr weiterwissen, springt Nationalpark-Mitarbeiter Jochen Linner (vorn rechts) ein. Foto: Gregor Wolf
Gemeinsam geht’s ans Tierspuren erraten. Wenn die Führungsteilnehmer nicht mehr weiterwissen, springt Nationalpark-Mitarbeiter Jochen Linner (vorn rechts) ein. Foto: Gregor Wolf

Tiere hinterlassen nicht nur im Schnee spuren. Hier hat etwa ein Rothirsch eine junge Buche angefressen. Foto: Gregor Wolf
Tiere hinterlassen nicht nur im Schnee spuren. Hier hat etwa ein Rothirsch eine junge Buche angefressen. Foto: Gregor Wolf

Leicht vereist, trotzdem gut erkennbar: Abdrücke eines Luchses. Foto: Gregor Wolf
Leicht vereist, trotzdem gut erkennbar: Abdrücke eines Luchses. Foto: Gregor Wolf

In freier Wildbahn wird man Luchs ...
In freier Wildbahn wird man Luchs ...

... und Rothirsch nur selten zu Gesicht bekommen. Beobachten kann man die Tiere jedoch in den Tier-Freigeländen des Nationalparks. Fotos: Rainer Simonis
... und Rothirsch nur selten zu Gesicht bekommen. Beobachten kann man die Tiere jedoch in den Tier-Freigeländen des Nationalparks. Fotos: Rainer Simonis

Zwischen den Gipfeln von Rachel (links) und Lusen (rechts) versteckt sich im Winter eine Vielzahl an tierischen Bewohnern. Foto: Rainer Simonis
Zwischen den Gipfeln von Rachel (links) und Lusen (rechts) versteckt sich im Winter eine Vielzahl an tierischen Bewohnern. Foto: Rainer Simonis

Spiegelau. In der entstehenden Waldwildnis zwischen Falkenstein, Rachel und Lusen tummeln sich viele tierische Gesellen. Meist verstecken sich Luchs, Rothirsch, Wildschwein und Co. aber ganz gut vor Wanderern. Spuren der Vierbeiner sind rar. Erst im Winter offenbart der Nationalpark Bayerischer Wald für jeden sichtbar, welch große Geschöpfe hier durch die Landschaft stapfen. Man muss nur mit offenen Augen durch das Winterwunderland gehen.

Eiskristalle reflektieren die Sonnenstrahlen im Wald. Minustemperaturen sorgen trotzdem für leichtes Frösteln.  Dann knirscht es wieder. In einem gleichmäßigen Rhythmus. Dafür verantwortlich sind rund zwei Dutzend Schneeschuhe. Und mit der Bewegung wird’s den Teilnehmer der Führung unter dem Motto Nationalpark aus erster Hand gleich wieder wärmer. Unterm Rachel ist die Gruppe um Jochen Linner, Naturschutz-Mitarbeiter des Nationalparks, auf der Suche nach Spuren im Schnee. Genauer gesagt: Nach Tierspuren im Schnee.

„Ihr müsst übrigens nicht nur nach Trittsiegeln Ausschau halten“, erklärt der gelernte Förster. „Tiere hinterlassen auch andere Spuren.“ Gerade hat Linner eine davon entdeckt. Er kniet sich an eine angefressene, junge Buche. „Hier war zum Beispiel ein Hirsch am Werk.“ Ein Teilnehmer entdeckt dann sogleich etwas hinter dem kleinen Bäumchen, vom Schatten geschützt, eine alte Spur. Die passt perfekt zur vorausgehenden Entdeckung.

Es geht weiter, einem breiten Weg durch lichte Waldbestände folgend. Die Lücken im Wald sind durch Stürme oder den Borkenkäfer entstanden. Deswegen gibt’s viel Struktur – und somit eine große Lebensraumvielfalt. Ein Eldorado für hunderte teils seltene Tiere, Pflanzen und Pilze – auch wenn die überzuckerte Landschaft im Winter etwas verlassen wirkt. Nur die vielen Fährten stören diesen Eindruck.

Den wichtigsten Tipp zum Bestimmen der richtigen Tierart gibt Linner gleich am Anfang: „Ihr müsst immer das gesamte Spurenbild betrachten. Wenn ihr Abdrücke unter einem Wurzelteller findet, wird sie kaum von einem Hirsch stammen“, gibt er ein Beispiel. „Wenn sich in einer Spur jedoch ein durch den Schnee pflügender Bauch abzeichnet, ist die Chance recht hoch, dass es sich um ein Wildschwein handelt.“ Zweiter Tipp dazu: „Bei der Sau sind die Afterklauen, also die hinteren Zehen, immer schön im Abdruck zu erkennen.“ Bei Hirschen hingegen fehlen diese Abdrücke oft, da dort die Afterklauen aufgrund ihrer höheren Lage nicht immer Spuren hinterlassen.

Mit diesem Wissen begutachtet die Gruppe also im leichten Schneeschuh-Trott die etwas angefrorene Schneedecke. Schnell ist klar, am häufigsten sind rund um den Weg Hunde unterwegs. „Und wieder ist es das Gesamtbild, das euch am einfachsten Aufschluss gibt“, erklärt Linner. „Hunde wollen beim Gassi gehen Energie verlieren, Wildtiere hingegen Energie sparen. Deswegen rennen Hunde oft kreuz und quer, wohingegen die Waldbewohner sich möglichst zweckmäßig fortbewegen.“ Da ist dann eine gerade Spur die Regel. Eine Hirsch- und eine Wildschwein-Fährte dienen kurz nach dem Gesagten sogleich als Beweis. Und dann folgt noch ein seltener Geselle…

Etwa auf der Hälfte der Tour entdecken die ganz vorn gehenden Teilnehmer schon aus der Weite eine geschnürte Spur, die auf die Wanderer-Route stößt, dem Weg sogar folgt. „Wer erkennt es?“, fragt Linner. „Marder? Fuchs? Oder doch ein Hund?“, ist zu hören. Doch bei den geballten Abdrücken mit vier Zehen – scheinbar ohne Krallen – handelt es sich um Luchsspuren. „Und die großen Katzen sind wahrlich schlaue Tiere. Um noch sparsamer unterwegs zu sein, hat dieses Exemplar jetzt auf einigen hundert Metern den schon ausgetretenen Wanderweg benutzt“, berichtet der Führer, der die Strecke am Vortag schon abgegangen hatte. Fasziniert zücken die Teilnehmer ihre Handys und machen Fotos. Einen Luchs in freier Wildbahn zu entdecken ist schließlich eine echte Seltenheit – selbst, wenn es  nur seine Spuren sind.

Nachdem sich die Wege der Gruppe und der relativ frischen Luchsspur nach einer guten Viertelstunde trennen entdecken die Schneeschuhwanderer noch viele weitere Spuren – hauptsächlich von Hirsch und Wildschwein. Meist muss Linner nicht mehr viel erklären, das Erkennen der Urheber sitzt langsam. So bleibt mehr Zeit den verschneiten Nationalpark zu bewundern. Baumpilze mit einer leichten Haube aus Schnee, dicht zusammengedrängten Jungwuchs aus Buche und Fichte oder die sich immer wieder bietenden Ausblicke auf die idyllischen Berggipfel.

Führungsprogramm: Der Nationalpark Bayerischer Wald bietet ab 26. Dezember wieder ein umfangreiches Angebot an geführten Wanderungen an. Jeden Tag sind mehrere Angebote im Programm. Besonders spannende Einblicke gibt’s jeden Samstag, wenn Mitarbeiter zu Spezialthemen durch den wilden Wald führen. Alle Termine im Überblick finden Sie unter www.nationalpark-bayerischer-wald.de.  

Tipp: Wer nach den Spuren im Schnee die dazugehörigen Vierbeiner auch noch in natura entdecken will, dem sei ein Besuch der Nationalparkzentren Lusen bei Neuschönau und Falkenstein bei Ludwigsthal ans Herz gelegt. Dort gibt’s jeweils großflächige Tier-Freigelände, in denen unter anderem Luchs, Wolf, Hirsch oder Wildpferd zu bestaunen sind.

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