Die Zeit der großen Proteste ist glücklicherweise vorbei
Erstmals Vorsitzender des Nationalparkausschusses: Interview mit Regens Landrat Dr. Ronny Raith
Eintrag Nr. 36/2025
Datum: 18.09.2025
Regen. Dr. Ronny Raith, Landrat von Regen, ist seit diesem Jahr erstmals Vorsitzender des Kommunalen Nationalparkausschusses. Welche Bedeutung der Nationalpark für ihn persönlich und für die Region hat und warum die
Diskussionen nun viel sachlicher geworden sind, als sie noch in den 1990er Jahren waren, erzählt er im Interview.
Könnten Sie sich den Nationalpark aus der Region wegdenken?
Ronny Raith: Nein, der Park gehört zum Landkreis Regen. Es ist unser Nationalpark.
Welche Bedeutung hat der Nationalpark für den Landkreis Regen?
Ronny Raith: Der Nationalpark ist vor allem im Bereich des Tourismus ein Aushängeschild und ein Besuchermagnet. Das Schutzgebiet ist für Tagesgäste als auch für einen längeren Aufenthalt für die Besucher attraktiv. Viele Gäste besuchen mehrere Einrichtungen und nutzen mehrere Angebote. Für Aktivurlauber sind die Wanderwege ein Zugpferd, Familien wissen vor allem die Tier-Freigelände und die Informationshäuser zu schätzen. Aber auch für die Menschen im Landkreis Regen bietet der Nationalpark sehr viel.
Und für sie ganz privat: Wie ist ihr Bezug zum Schutzgebiet?
Ronny Raith: Ich finde es wichtig, dass es Orte gibt, an denen die Natur Natur sein kann. Insofern bin ich ein Anhänger der Nationalparkidee. Wichtig ist aber auch die Achtung vor dem Privateigentum, deswegen setze ich mich nach wie vor für die Borkenkäferbekämpfung außerhalb der Naturzone ein.
Sie wurden in Zwiesel geboren. Was sind ihre ersten Erinnerungen an den Nationalpark?
Ronny Raith: In meinen Kindheitserinnerungen gibt es keinen Nationalpark im Landkreis Regen. Damals gab es nur den Park im Nachbarlandkreis Freyung-Grafenau. Ich erinnere mich gerne an Besuche im Tier-Freigelände und im Hans-Eisenmann-Haus in Neuschönau. Ich war bereits ein Jugendlicher, als das Schutzgebiet 1997 im Landkreis Regen eine Erweiterungsfläche bekommen hat. Es gab damals große Widerstände gegen eine Erweiterung.
Wie haben Sie diese Zeit damals erlebt?
Ronny Raith: An die damaligen Diskussionen erinnere ich mich sehr gut, ich habe sie als sehr lebhaft in Erinnerung. Ich war damals 15, 16 Jahre alt und ich hatte für beide Seiten Sympathien. Ich verstand die Sorgen der Menschen, sah aber auch die Chance für die Region.
Hat sich die Einstellung der Bevölkerung in den vergangenen 20 Jahren geändert?
Ronny Raith: Ja, die Diskussionen sind viel sachlicher geworden. Es gibt noch Emotionen, aber vieles wird heute auf der Sachebene diskutiert. Die Zeit der großen Proteste ist glücklicherweise vorbei. Natürlich gibt es noch viele Menschen, die den Nationalpark oder die Nationalparkphilosophie ablehnen. Zum Teil aus Eigeninteresse, zum Teil aus Sorge vor Nachteilen für die Menschen in der Heimat. Grundsätzlich nehme ich wahr, dass die Zustimmung der Menschen steigt, je weiter sie vom Nationalpark entfernt leben.
Als Vorsitzender des Kommunalen Nationalparkausschusses ist es auch wichtig, zwischen den Interessen des Schutzgebietes und den Kommunen zu moderieren. Ist dies derzeit schwierig?
Ronny Raith: Es ist wie so oft im Leben: Mal so, mal so. Wobei die Stimmung nach meiner Wahrnehmung nicht aufgeladen ist, die Kommunen und der Nationalpark leben mittlerweile gut miteinander. Viele Gemeinden profitierten vom Parkangebot, das erleichtert vieles. Momentan haben die Kommunen und der Nationalpark ein sehr entspanntes Verhältnis. Dies liegt auch daran, dass die Nationalparkleiterin Ursula Schuster die Gemeindevertreter und ihre Anliegen ernst nimmt und bei Problemen nach funktionierenden Lösungen sucht.
Was wünschen Sie sich – wenn man das Zusammenspiel zwischen Nationalpark und Region betrachtet – für die Zukunft?
Ronny Raith: Dass man weiter Hand in Hand arbeitet und im Streit tragfähige Kompromisslösungen findet. So, wie es derzeit läuft, ist es ein gutes Miteinander.
Gibt es einen Lieblingsplatz, den Sie im Nationalpark haben?
Ronny Raith: Da gibt es mehrere Plätze. Die Schachten finde ich nach wie vor großartig. Immer wieder wandere ich gerne hoch und genieße die Natur.
Hinweis: Dieser Text stammt aus dem Nationalpark-Magazin "Unser wilder Wald", Ausgabe Herbst 2025. Auf unserer Homepage bieten wir das Magazin auch als PDF-Dokument an.