Genusswandern durch den winterlichen Nationalpark-Wald

Von Spiegelhütte zum Hirschgehege in Scheuereck

Eintrag Nr. 5/2019
Datum:


Rothirsche kann man in Scheuereck aus der Nähe beobachten. - Foto: Rainer Simonis
Rothirsche kann man in Scheuereck aus der Nähe beobachten. - Foto: Rainer Simonis

Im Jahr 2007 wurde die Fütterungs- und Aussichtshütte des Hirschgeheges Scheuereck erweitert und erneuert. – Foto: Ingo Brauer
Im Jahr 2007 wurde die Fütterungs- und Aussichtshütte des Hirschgeheges Scheuereck erweitert und erneuert. – Foto: Ingo Brauer

Zauberhafte Formen aus Eis finden sich im Winter an den zum Teil gefrorenen Bächen. – Foto: Rainer Simonis
Zauberhafte Formen aus Eis finden sich im Winter an den zum Teil gefrorenen Bächen. – Foto: Rainer Simonis

Gemütliches Wandern auf geräumten Wegen ist auf dem Rundweg von Spiegelhütte nach Scheuereck angesagt. - Foto: Gregor Wolf
Gemütliches Wandern auf geräumten Wegen ist auf dem Rundweg von Spiegelhütte nach Scheuereck angesagt. - Foto: Gregor Wolf

Im Winter wird es im Wald still – diese Ruhe kann man bei einer Wanderung durch den Nationalparkwald genießen. - Foto: Franz Leibl
Im Winter wird es im Wald still – diese Ruhe kann man bei einer Wanderung durch den Nationalparkwald genießen. - Foto: Franz Leibl

Scheuereck. Im Winter benötigt man nicht unbedingt Schneeschuhe, um den bezaubernden Nationalpark-Wald zu entdecken. Es gibt auch viele geräumte Wanderwege, die zu ausgiebigen Spaziergängen einladen. Wie zum Beispiel der Rundweg von Spiegelhütte aus nach Scheuereck. Hautnah erleben kann man auf dieser Wanderung nicht nur die schöne Natur, sondern auch einen Teil der Tierwelt – und zwar im Hirschgehege in Scheuereck.

Bei jedem Schritt knirscht der Schnee unter den Schuhen. Das Thermometer zeigt unter null Grad. Der Himmel ist strahlend blau, die Sonne gibt sich mit ihren wärmenden Strahlen alle Mühe. Der sieben Kilometer lange, geräumte Winterwanderweg von Spiegelhütte bis Scheuereck und wieder zurück ist vor allem für Spaziergänger, die ohne größere Anstrengung unterwegs sein wollen, sowie für Familien einladend.

Vom Parkplatz in Spiegelhütte geht es nur ein kurzes Stück durch den Ort, bis der Wanderweg mit der Markierung „Forelle“ beginnt. 1,6 Kilometer geht es leicht bergab, entlang eines kleinen Bergbaches durch den bezaubernden Winterwald. Zugeschneite Wurzelteller bilden fantasievolle Gestalten. An den schneebedeckten Fichtenwipfeln will sich das Auge nicht satt sehen. Hier kann man den Gedanken freien Lauf lassen. Die Geräusche des Waldes sind im Winter verstummt. Wer Ruhe sucht, ist hier genau richtig.

Nach einer Gehzeit von zirka einer halben Stunde wird der Weg von einer kleinen Straße unterbrochen. Wanderer müssen hier rechts abbiegen und zirka 600 Meter auf der Straße bis zur Weißen Brücke gehen, ehe ein Forstweg auf der linken Seite in den Wald abbiegt. Drei Kilometer lang führt die Strecke nun sanft bergauf Richtung Scheuereck.

Tafeln am Wegesrand geben Informationen zur mittelalterlichen Goldsuche und zum Bergbau in der Region. Die Gneise des Bayerischen Waldes und des Böhmerwaldes enthielten winzige Mengen von Gold. Im Laufe der Zeit wurden die Gesteine mürbe und die Berge langsam abgetragen. Die Bäche schwemmten den Schutt des Gesteins talwärts. Leichtere Bestandteile wurden schneller abtransportiert als das schwere Gold, das sich in den Bachschottern angereichert hat. Schon vor mehr als 2000 Jahren wurde daher im Böhmerwald und in Ostbayern erfolgreich nach Gold gesucht. Spätestens seit dem Mittelalter ist jedoch kein nennenswertes Goldvorkommen mehr vorhanden.

Welches Gesicht die damals zur Goldsuche genutzten Bäche in der heutigen Zeit haben, davon können sich Wanderer schließlich selbst ein Bild machen. Ein Glucksen und Rauschen ist nach wenigen hundert Metern zu hören. Schließlich gelangt man an den Punkt, an dem der Große Höllbach von Norden kommend in den Kolbersbach mündet. Weiter geht es entlang des Kolbersbaches in Richtung Scheuereck. Das dünne Eis am Ufer des Baches zaubert im Sonnenlicht immer wieder neue Facetten. Kleine Eiszapfen haben sich an den Schneerändern gebildet.

Über eineinhalb Kilometer lang bezaubert die Natur am Kolbersbach den Wanderer, ehe dieser die Bauhüttenbrücke erreicht. Der Weg führt nun über eine Spitzkehre wieder in Richtung Süden und endet nach 700 Metern in Scheuereck. In dem auf 775 Metern Höhe gelegenen Weiler liegt dann ein ganz besonderer Duft in der Luft – und zwar der von Rotwild.

In dem Hirschgehege des Nationalparks können ganzjährig Tiere beobachtet werden. Der Weg direkt durch das Gehege ist zwar im Winter gesperrt. Aber die beiden Aussichtsplattformen sind ganzjährig geöffnet. Vor allem an der unteren Besucherhütte kann man den Hirschen ganz nah kommen, denn in diesem Bereich werden die derzeit 15 Tiere gefüttert. Besucher finden hier auch Informationstafeln, die Aufschluss darüber geben, warum der Nationalpark als Rotwildgebiet ausgewiesen ist. Wer Fragen rund um die Wintergatter hat oder wissen möchte, zu welchem Zweck Hirsche mit telemetrischen Sendern ausgestattet werden, ist hier genau richtig.

Und wer Glück hat, trifft hier vielleicht auch Ingo Brauer, Leiter der Nationalpark-Dienststelle Scheuereck und zuständig für das Hirschgehege, beim Fütterungsbetrieb. Keiner kennt die Tiere so gut wie er – und zu erzählen gibt es über das Hirschgehege viel.  Allein die lange Tradition des Geheges ist etwas Besonderes. Gebaut wurde es um 1968 – also vor 50 Jahren –  noch zu Zeiten des Forstamtes Zwiesel. Seit 1997 – dem Jahr der Nationalparkerweiterung -  gehört auch das Hirschgehege zum Nationalpark. 2006 waren der Zaun und der alte Futterstadl in einem schlechten Zustand. Und da die Hirsche und der Weiler Scheuereck vor allem in den Köpfen der Bevölkerung zusammengehören und eine gewisse Tradition haben, entschied man sich, das Gehege auszubauen. Im Jahr 2007 wurde es auf knapp neun Hektar vergrößert, die Hütte und der Zaun neu gebaut. „Wir können dem Besucher hier ein Naturerlebnis der besonderen Art bieten – wenn sie die imposanten Tiere aus nächster Nähe sehen können.“

Nach dem Abstecher zum Hirschgehege verläuft die Wanderung weiter über die Markierung „Forelle“. Zuerst geht es ein kurzes Stück auf der Straße bergab, danach führt ein Weg Wanderer nach links in den Wald hinein. Nach eineinhalb Kilometern und einer Gesamtgehzeit von zwei-einviertel Stunden erreicht man schließlich wieder die beschauliche kleine Ortschaft Spiegelhütte und somit den Ausgangspunkt der Wanderung.

Tipp: Wer nach dem Abstecher zum Hirschgehege in Scheuereck noch Lust auf Winterspaß und etwas Bewegung hat, sollte bei der Wanderung unbedingt einen Schlitten dabeihaben. Denn in Scheuereck gibt es bei ausreichend Schnee eine Naturrodelbahn mit 500 Metern Länge.

Text: Annette Nigl

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