Wasser wird weniger

Klimawandel macht sich auch im Bayerischen Wald bemerkbar - Temperaturanstieg in 40 Jahren um zwei Grad

Eintrag Nr. 58/2022
Datum:


Bis zu 30 Prozent weniger Wasser als noch vor 20 Jahren gelangt über Bäche in die Täler. Foto: Thies Hinrichsen
Bis zu 30 Prozent weniger Wasser als noch vor 20 Jahren gelangt über Bäche in die Täler. Foto: Thies Hinrichsen

Seit den 1970er Jahren nehmen Mitarbeiter der Nationalparkverwaltung Wasserproben an der Forschungsstation Taferlruck.
Seit den 1970er Jahren nehmen Mitarbeiter der Nationalparkverwaltung Wasserproben an der Forschungsstation Taferlruck.

Grafenau. Der Klimawandel ist weit weg? Weit gefehlt! Das weltweit zu beobachtende Phänomen macht sich auch vor der eigenen Haustür bemerkbar. Im Nationalpark Bayerischer Wald sind Veränderungen festzustellen, die teils gravierender sind als im globalen Mittel.

Seit Jahrzehnten hat das Schutzgebiet die Schlüsselvariablen des Klimas genau im Blick. Das heißt Temperatur, Niederschlag, Sonnenstrahlung und Co. werden detailliert erfasst. Dafür sorgen zahlreiche Forschungseinrichtungen, etwa die Wetterstation Waldhäuser oder die Pegelstation Taferlruck. Wertet man die Daten aus, so steht schnell fest: Der Klimawandel macht vor dem Bayerwald nicht halt.

MEHR SONNENSCHEIN IM WALD

Augenscheinlichster Effekt: In den mittleren Höhenlagen ist es mittlerweile knapp 2 Grad Celsius wärmer – im Sommer wie im Winter. Damit einhergehend stieg auch die Sonnenscheindauer um jährlich fast 300 Stunden. Beide Veränderungen setzten erst mit Beginn der 1980er Jahre ein. Bis dahin führte vor allem die Freisetzung von Schwefeldioxid bei Verbrennungsprozessen in Industrie, Verkehr und Co. zur Bildung von Aerosolen, also feinsten Teilchen in der Atmosphäre, die Sonnenstrahlung ins Weltall zurückwarfen oder schluckten. So konnte sich die Erwärmung durch die Freisetzung von Klimagasen wie Kohlenstoffdioxid und Methan vorerst nicht durchsetzen.
Erst durch die erfolgreichen Luftreinhaltemaßnahmen auf der Nordhabkugel prägte sich der rasante Temperaturanstieg aus.

WENIGER REGEN, WENIGER ABFLUSS

Ein gegenteiliges Bild gibt’s bei den Niederschlägen. Seit der Jahrtausendwende gingen diese um 257 Liter pro Quadratmeter zurück, hauptsächlich im Winter. Die Folgen für den Wasserhaushalt sind enorm und alarmierend zugleich. Nicht nur die Menge an Neuschneefall ist rückläufig – und zwar um 41 Prozent. Auch die Zeitspanne, in der es eine geschlossene Schneedecke gibt, geht beständig zurück. Im Umkehrschluss ist in der Pflanzenwelt im Frühling ein früherer Austrieb zu beobachten. All das führt dazu, dass sich weniger Grundwasser bilden kann. Insbesondere in jüngster Vergangenheit gab es viele niederschlagsarme Jahre, wodurch der Grundwasserstand deutlich nach unten ging. Das Speichervolumen im Untergrund insgesamt ist vergleichsweise klein – es muss durch Niederschläge am besten jährlich wieder aufgefüllt werden. Doch es kommt nicht nur weniger Wasser hinein in den Bayerwald, sondern es fließt auch weniger hinaus. So ging der Oberflächenabfluss der Bäche im zentralen Böhmerwaldmassiv bereits von 1978 bis 2013 um rund sieben Prozent zurück. Dafür verantwortlich war die allgemeine Erwärmung sowie in deren Folge die erhöhte Verdunstung von Wasser. Bei der Großen Ohe und dem Großem Regen an den Pegeln Schönberg und Zwiesel floss in diesem Zeitraum fünf beziehungsweise 19 Prozent weniger Wasser gen Tal. Nur sieben Jahre später schlugen die niederschlagsarmen Jahre nach 2010 noch härter durch: Der Rückgang im Abfluss liegt mit Bezug auf 1978 jetzt
bereits bei 30 beziehungsweise 28 Prozent.

BORKENKÄFER VERZÖGERT KLIMAWANDEL FOLGEN

Weil Baumbestände in von Borkenkäfern stark betroffenen Arealen eine Zeit lang nicht so viel Wasser zum Wachsen benötigen, konnte die durch den Klimawandel ausgelöste Erhöhung der Verdunstung vorübergehend ausgeglichen werden. Doch durch die fortschreitende Erneuerung der Wälder ist dieser Effekt nur 10 bis 20 Jahre nach dem Borkenkäfer wieder dahin. Somit schlagen mittlerweile auch im Innern des Nationalparks die Klimawandelfolgen voll durch. Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt sorgen die im Vergleich zu anderen Regionen trotz Rückgang überdurchschnittlich hohen Niederschlagssummen im Nationalpark dafür, dass gravierende ökologische, forstliche
und agrarische Dürren nicht aufgetreten sind. Was die vermutlich noch wärmere Zukunft bringen wird, mehr oder weniger
Niederschläge, im Sommer, im Winter oder beides, ist unklar.

KURZ UND BÜNDIG:

  • Die Temperatur stieg binnen 40 Jahren um knapp 2 Grad Celsius.
  • Der Grundwasserstand in der Region sank seit den 2000er Jahren beständig.
  • Bäche bringen bis zu 30 Prozent weniger Wasser ins Tal.

Der Text ist in der Broschüre "Forschung im Nationalpark" erschienen und kann auf der Homepage des Nationalparks Bayerischer Wald heruntergeladen werden. 

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