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Zwischen Zunderschwamm und Seifenduft

Mit der Urwaldführung zur Mittelsteighütte taucht man in die Tiefen der unberührten Wildnis ein

Eintrag Nr. 11/2019
Datum:


Ranger Michael Pscheidl bei der Führung durch die Mittelsteighütte. Foto: Fabian Wirth
Ranger Michael Pscheidl bei der Führung durch die Mittelsteighütte. Foto: Fabian Wirth

Zwieslerwaldhaus. „Diese Flechte wächst nur in Gegenden mit sehr sauerstoffreicher und klarer Luft“, erklärt Ranger Michael Pscheidl schmunzelnd, während er auf die markanten weißen Flecken am Stamm der massiven Buche deutet. Dieses Zeichen der Natur bekräftigt nur noch den ersten Eindruck, den man bei der Tour durch dieses einzigartige, sehr erholsam und erfrischend wirkende Ökosystem im Nationalpark Bayerischer Wald bekommt.

Um die 20 Teilnehmer haben sich an diesem frühlingshaften Montagvormittag auf dem Infopavillon am Parkplatz in Zwieslerwaldhaus zur Urwaldführung eingefunden. Dass aktuell wieder Schulferien sind, merkt man sofort an den zahlreichen Kindern, die bereits neugierig die ersten Ausläufer der Nationalparkwildnis am Rand des Parkplatzes erkunden. Mit Michael Pscheidl geht es nun rund zweieinhalb Stunden durch völlig unberührte Natur in der Mittelsteighütte.

„Wir wollten gerne einmal wieder wandern gehen und haben die Veranstaltung im Führungsprogramm entdeckt. Das hat gut gepasst.“, kommentiert eine der Teilnehmerinnen aus Ebersberg ihre Entscheidung, mit ihren Kindern den Urwald zu erkunden. Zugleich schwärmt sie von der unberührten Natur im Nationalpark und erklärt: „Für die Kinder ist es toll, dass sie hier die Natur besser kennenlernen können.“ In entspanntem Tempo taucht man auf dem kleinen Rundwanderweg sogleich in das grüne Meer aus Bäumen ein.

Am Wegesrand erklingt vor der imposanten Kulisse der immer noch verschneiten Bayerwaldgipfel die Melodie eines Kleibers. Für Einheimische bereits Normalität, ist dieser Vogel für viele Urlaubsgäste ein seltener und dafür umso schönerer Anblick. An wilden Bergbächen und hellgrün austreibenden Buchen in der Waldverjüngung vorbei, geht es einen steinigen Pfad bergauf. Es ist diese unberührte, ursprüngliche Natur, die Pflanzen wie der Mondraute oder Tieren wie dem Kleiber wieder einen Lebensraum gibt.

Am Rande des Urwaldgebiets tauchen zwischen Totholz und hunderte Jahre alten Bäumen am Wegesrand auch Relikte aus der Zeit der menschlichen Eingriffe durch die Forstwirtschaft auf. „Hier oben sehen wir noch den Rest einer Schlittenbahn, mit der früher das geschlagene Holz ins Tal gebracht wurde“, erklärt der Ranger. Diese moosbewachsene Natursteinmauer, die sich entlang eines Hangs den Berg emporwindet, könnte man auch leicht übersehen.

Es sind die kleinen Details im Dickicht des Urwalds, welche einem eben nicht sofort auffallen, aber dafür umso interessantere Geschichten verbergen. So, wie der Duftende Feuerschwamm, von dem es auf der ganzen Welt nur acht Vorkommen gibt: Eines davon direkt zu Füßen der Teilnehmer. Unscheinbar wächst der weiße Flaum auf dem langsam verrottenden Stamm einer Tanne, die man in solch einer Größe nur noch selten als Totholz im Wald bestaunen kann. „Jetzt riecht jeder mal an dem Pilz und dann sagt mir, an was euch das erinnert“. Tatsächlich würde man den Duft dieses besonderen Pilzes eher in einer Parfümerie, als hier mitten im Urwald erwarten. Auch bei den Besuchern löst diese fliederartige und etwas an Kernseife erinnernde Note Erstaunen und Überraschung aus.

Noch größer ist die Verwunderung, als der Ranger vor einem abgestorbenen Baum mit dutzenden Zunderschwämmen Halt macht. Aus seinem Rucksack holt er nämlich eine kleine, braune Handtasche mit kunstvollen Verzierungen. Dass eben dieses Modeaccessoire mit dem annähernden Preis einer Designerhandtasche aus dem Material des Zunderschwamms hergestellt wurde, lässt so manch einen der Teilnehmer mit ungläubigem Staunen vor dem unscheinbaren Pilz stehen. Ein samtartiges, lederfarbenes Täschchen, gemacht aus einem Pilz? Wieder etwas gelernt. Zwischen zahlreichen Tannen geht es dann nach etwa zweieinhalb Stunden in der Mittagssonne zurück zum Ausgangspunkt. Während die Teilnehmer ihre ganzen Eindrücke aus der Führung nochmal Revue passieren lassen, erklingt aus der Ferne nochmals der Ruf des Kleibers. Die Gruppe ist sich einig: Eine Naturerfahrung für alle Sinne!

 

Info: Wer ebenfalls in den Genuss dieser Sinneseindrücke inmitten der Wildnis kommen möchte, hat noch bis zum 13. Mai Zeit, sich für einen der zweistündigen Urwaldspaziergänge mit dem Ranger anzumelden. Treffpunkt ist immer montags um 10:30 Uhr am Infopavillon am Parkplatz P1 in Zwieslerwaldhaus. Die Kosten trägt der Nationalpark. Eine Anmeldung ist erforderlich via nationalpark@fuehrungsservice.de oder 0800 0776650. Weitere Führungen finden Sie in unserem Veranstaltungskalender.

 

Text: Fabian Wirth

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