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Eine neue Chance wird eröffnet - und niemand ausgesperrt

Bürgermeister Ernst Kandlbinder und Nationalparkleiter Franz Leibl zur Erweiterung des Schutzgebiets bei Finsterau

Eintrag Nr. 05/2021
Datum:


Bürgermeister Ernst Kandlbinder (rechts) und Nationalparkleiter Franz Leibl im geplanten Erweiterungsgebiet. Foto: Annette Nigl
Bürgermeister Ernst Kandlbinder (rechts) und Nationalparkleiter Franz Leibl im geplanten Erweiterungsgebiet. Foto: Annette Nigl

Das geplante Erweiterungsgebiet liegt nordöstlich von Finsterau an der Grenze zu Tschechien. Grafik: Annemarie Schmeller
Das geplante Erweiterungsgebiet liegt nordöstlich von Finsterau an der Grenze zu Tschechien. Grafik: Annemarie Schmeller

Das Finsterauer Filz ist einer der besonderen Naturschätze im geplanten Erweiterungsgebiet. Foto: Hellmut Böhmisch
Das Finsterauer Filz ist einer der besonderen Naturschätze im geplanten Erweiterungsgebiet. Foto: Hellmut Böhmisch

Finsterau. Mit der Erweiterung des Nationalparks um circa 600 Hektar nahe Finsterau darf sich unmittelbar an der Grenze zu Tschechien künftig eine neue Waldwildnis entwickeln – mit direktem Spiegelbild im Nachbarnationalpark Šumava. „Damit kommen wir der Realisierung unserer Vision, einen ersten gemeinsamen Europa-Nationalpark zu schaffen, einen großen Schritt näher“, zeigt sich Dr. Franz Leibl zufrieden. Mit dem Nationalparkchef freut sich auch Ernst Kandlbinder, Bürgermeister der Gemeinde Mauth: „Wir erhoffen uns eine weitere Aufwärtsentwicklung unserer Region.“

WAS IST?

Weil der Nationalpark größer wird, bedarf es einer Änderung der Nationalparkverordnung. Ihr muss am Ende der Bayerische Landtag zustimmen. Zuvor werden noch Träger öffentlicher Belange wie der Landkreis Freyung-Grafenau, die Gemeinde Mauth sowie anerkannte Verbände wie der Bund Naturschutz, der Bauern- oder Waldbesitzerverband gehört. „Ihre Anregungen fließen in die Sachlage mit ein, die dann wiederum von Experten im Umweltministerium geprüft wird“, erklärt Franz Leibl. Aufgenommen in den Prozess werden zudem die Gedanken der Bürger vor Ort. „Bei den Sprechstunden ganz zu Anfang konnte jeder seine Bedenken und Anregungen einbringen“, erzählt Ernst Kandlbinder. Schließlich versprächen Entscheidungen über die Köpfe der Bürger hinweg ohnehin keinen Erfolg. Gibt das Ministerium grünes Licht, kann die Verordnung in eine neue Form gegossen werden. Nationalparkleiter Leibl rechnet mit der Erweiterung des Schutzgebiets in der zweiten Jahreshälfte, „sofern alles normal läuft“.

WAS KOMMT?

Das Erweiterungsgebiet zielt in erster Linie auf Menschen mit Handicap ab. „Die Region hat diesbezüglich bereits gut vorgebaut“, merkt Bürgermeister Kandlbinder an und verweist auf das barrierefreie Angebot vieler örtlicher Gastgeber sowie auf erfolgreich ausgetragene internationale Para-Wettkämpfe im Biathlon und Ski-Langlauf. Zudem: „Der Landkreistourismus beschäftigt sich seit 2008 mit Barrierefreiheit und hat analysiert, welche Angebote für Menschen mit Handicap es bei uns gibt.“ Mit dem Baumwipfelpfad in Neuschönau und allen Nationalparkeinrichtungen sei die Region schon ganz gut aufgestellt, befindet Kandlbinder: „Diesen Faden nehmen wir nun auf und spinnen ihn weiter.“ Unter anderem mit barrierefreien Aussichtsplattformen und geeigneten Wanderstrecken sowie einem „Schaufenster der Region“ – einem Besuchertreffpunkt, in dem Kaffee, Getränke und Snacks serviert und regionale Produkte zum Kauf angeboten werden. Freilich: Aufgrund ihrer Topografie wird die erweiterte Nationalparkfläche nicht grundsätzlich barrierefrei sein. Barrierearm dagegen schon.

Die Parkerweiterung ist überdies von hohem naturschutzfachlichem Wert: „Hier kommen Arten wie das Auerhuhn vor, das nahtlos in die Population auf der bestehenden Parkfläche übergehen kann“, erklärt Franz Leibl den Zugewinn an Lebensraum. Dass das Erweiterungsgebiet gänzlich am tschechischen Nationalpark Šumava liegt, ermögliche den perfekten Aufbau einer grenzübergreifenden Besucherinfrastruktur: „Hier können wir unseren bilateralen Entwicklungsansatz wunderbar stärken und vertiefen.“

WAS PASSIERT?

Die Parkerweiterung gemeinsam mit Bevölkerung, Gemeinde, Nationalparkverwaltung und Ministerium schaffe viel Positives, ist Ernst Kandlbinder überzeugt: „Durch Investitionen des Freistaats in Höhe von rund 3,5 Millionen Euro wird die Brutto-Wertschöp­fung vor Ort gehalten.“ Die Betreuung der neuen Infrastruktur benötige weitere Arbeitskräfte, auch steigerten die neuen Be­suchereinrichtungen die touristische Attraktivität. Zudem: Das Image des Nationalparks deutschlandweit und international sei schon jetzt hervorragend. „Wir wollen die Chance beim Schopf pa­cken und freuen uns, in der künftigen engen Zusammenarbeit mit dem Park an guten Lösungen für die Region arbeiten zu dürfen.“

WAS BLEIBT?

Wie schon das bestehende Parkgebiet, wird auch die Erweiterungsfläche in Zonen unterteilt. Der künftigen Kernzone mit „Natur Natur sein lassen“-Philosophie ist eine Randzone vorgeschaltet. „Dort wird zum Schutz der angrenzenden Privatwälder der Borkenkäfer dauerhaft bekämpft“, verspricht Franz Leibl. Weil an einer Stelle der Erweiterungsfläche weiterhin die Bayerischen Staatsforsten angrenzen, gestalte sich der Puffer zum Privatwald hier sehr breit – „womit sich die Situation für Waldbesitzer keinesfalls verschlechtert“. Jagdliche Aktivitäten bleiben, wie im übrigen Parkgebiet auch, auf die Randzone beschränkt. In ihrem gewohnten Freizeitverhalten wird der Park die Gemeindebürger nicht behindern. Wanderwege und Loipen bleiben bestehen. Bürgermeister Kandlbinder verweist außerdem auf den Erhalt aller Wasserquellen im künftig erweiterten Parkgebiet: „Sie stellen die Grundversorgung für die Bevölkerung der Gemeinde sicher und sind daher unantastbar.“

WAS FASZINIERT?

Mit dem Finsterauer Filz hält der Nationalpark künftig ein weiteres intaktes Hochmoor vor, das durch die gute Erschließung schon jetzt hautnah erlebt werden kann. Überdies sei das für den Inneren Bayerischen Wald so typische wie ausgeklügelte Triftsystem mit seinen Klausen, Triftkanälen und künstlichen Wasserzuleitungen von höchster kulturhistorischer Bedeutung, schwärmt Franz Leibl – und nennt noch eine weitere Attraktion: So biete auch das Nationalparkvorfeld eine Landschaft, in der sich Natur in hohem Maße erleben lässt. „Gerade mit der Waldhufenstruktur rund um Mauth, Hohenau und Freyung zeigt sich eine Kulturlandschaft, die man dergestalt sonst nirgendwo mehr findet.“

 

Dieser Bericht stammt aus der aktuellen Ausgabe des Nationalparkmagazins "Unser wilder Wald". Die komplette Ausgabe kann im Download-Bereich der Homepage als PDF-Dokument heruntergeladen werden.

Text: Alexandra von Poschinger

 

Linktipp: Alle Berichte zum Thema haben wir auf der Sonderseite "Infos zur Nationalpark-Erweiterung nahe Finsterau" gesammelt.

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