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Je toter desto besser

Bleibt nach Sturm oder Borkenkäferbefall Totholz im Wald, fördert dies die Biodiversität

Eintrag Nr. 45/2022
Datum:


Totholz ist nicht nur für die verschiedensten Insekten ein Lebensraum, sondern auch für eine Vielzahl von Pilzen.
Totholz ist nicht nur für die verschiedensten Insekten ein Lebensraum, sondern auch für eine Vielzahl von Pilzen.

Die taiwanesische Umweltstatistikerin Anne Chao unterstützt den Nationalpark bei seiner Totholzforschung.
Foto: Simon Thorn
Die taiwanesische Umweltstatistikerin Anne Chao unterstützt den Nationalpark bei seiner Totholzforschung. Foto: Simon Thorn

Mit Hilfe von Insektenfallen wird ermittelt, welche Arten Totholzflächen aufsuchen.
Mit Hilfe von Insektenfallen wird ermittelt, welche Arten Totholzflächen aufsuchen.

Grafenau. Aus Bäumen kann man Möbel, Dachstühle, Papier oder Brennholz machen. Aber nicht nur in dieser Form sind Buchen, Fichten und Co. von wertvollem Nutzen. Manchmal reicht es schon, die Bäume einfach langsam aber sicher vermodern zu lassen.

Wird ein Wald von Borkenkäfern befallen oder bei einem Sturm massiv geschädigt, greift der Mensch meistens ein. Die absterbenden Bäume werden gefällt, um mit dem Holz zumindest noch Geld zu verdienen. Damit wird künftiges
Leben aus dem Wald geräumt. Wie kann dies vermieden werden? Wie viel tote Bäume müssen nach einer Störung im Wald bleiben, um zumindest ein paar heimische Arten zu erhalten? Darauf gibt’s nun erste Antworten.

NATÜRLICHE STÖRUNGEN - KATASTROPHE ODER CHANCE?

Auch wenn natürliche Störungen in Wäldern für viele Menschen eine Katastrophe darstellen, entstehen dadurch Lebensräume für seltene und bedrohte Arten. Gründe dafür sind vor allem das große Angebot an nährstoffreichem
Totholz und die stärkere Sonneneinstrahlung. In Wirtschaftswäldern werden Störungsflächen häufig durch Sanitärhiebe, bei denen Bäume gefällt und dann aus dem Wald gebracht werden, aufgeräumt. Im Anschluss
daran werden die betroffenen Flächen mit Baumsprösslingen aufgeforstet. Die Chance, den verschiedensten Arten einen Lebensraum zu bieten, ist vertan.

NEUE LÖSUNGSANSÄTZE FÜR WIRTSCHAFTSWÄLDER?

Gerade in Wirtschaftswäldern wird daher verstärkt nach neuen Wegen im Umgang mit Störungsflächen gesucht. Im Nationalpark, wo Holznutzung kein primäres Ziel ist, können Störungsereignisse in der Naturzone völlig ohne Eingriff des Menschen ablaufen. Hier wurde die Entwicklung verschiedener Störungsflächen über einen längeren Zeitraum
gezielt untersucht, um wichtige Erkenntnisse zur Entwicklung der Biodiversität zu gewinnen. Dabei wurden sowohl Flächen erforscht, die nach Windwürfen oder Borkenkäferbefall teilweise oder ganz geräumt waren, als auch solche,
wo das Totholz im Wald belassen wurde.

WIE VIEL STÖRUNGSFLÄCHE SOLL MAN LIEGEN LASSEN?

Das Langzeit-Monitoring hat in Kombination mit einer Hochrechnung – basierend auf zirka 200 Datensätzen aus dem Nationalpark sowie aus der ganzen Welt - folgendes Ergebnis erzielt: 90 Prozent der vorkommenden Arten können erhalten werden, wenn 75 Prozent der Fläche von Sanitärhieben ausgeschlossen werden. Für den Waldbesitzer bedeutet dies, dass er auf eine Nutzung größtenteils verzichten müsste. Wird die Hälfte der Störungsfläche geräumt, gehen 25 Prozent der Arten verloren. Diese Grenzwerte können als Faustregel für die Aufarbeitung von Störungsflächen
dienen. Die Unterschiede zwischen geräumten und belassenen Flächen zeigen sich vor allem im Vorkommen von seltenen Arten. Sie reagieren sehr empfindlich auf Sanitärhiebe und können geräumte Flächen auch nach über
zehn Jahren nicht besiedeln. 

KURZ UND BÜNDIG: 

  • Werden nach einem Sturm oder nach Borkenkäferbefall Bäume aus dem Wald gebracht, verändert sich die Biodiversität.
  • Die Aufarbeitung solcher Flächen schadet vor allem seltenen Arten.
  • 90 Prozent der Arten bleiben erhalten, wenn 75 Prozent der Fläche von Sanitärhieben ausgeschlossen werden.

Der Text ist in der Broschüre "Forschung im Nationalpark" erschienen und kann auf der Homepage des Nationalparks Bayerischer Wald heruntergeladen werden. 

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