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Auerhühner stehen auf Wellness

Dank gezielter Besucherlenkung und eingerichteter Schutzgebiete ist die Population dieser Raufußhühner stabil

Eintrag Nr. 46/2022
Datum:


Die Auherhuhn-Population im Böhmerwald ist stabil. Zur Balzzeit kommen die sonst als Einzelgänger lebenden Raufußhühner zusammen. Foto: Andreas Rückerl
Die Auherhuhn-Population im Böhmerwald ist stabil. Zur Balzzeit kommen die sonst als Einzelgänger lebenden Raufußhühner zusammen. Foto: Andreas Rückerl

Auerhähne benötigen einen strukturreichen Lebensraum mit abgebrochenen Bäumen als Schlafplatz sowie offene Flächen für ein ausreichendes Nahrungsangebot. Foto: Andreas Rückerl
Auerhähne benötigen einen strukturreichen Lebensraum mit abgebrochenen Bäumen als Schlafplatz sowie offene Flächen für ein ausreichendes Nahrungsangebot. Foto: Andreas Rückerl

Grafenau. Der Bayerwald ohne das Auerhuhn? Nicht vorstellbar! Trotzdem wäre der Wappenvogel der Region fast verschwunden. Es fehlte schlicht an ausreichend Wellness-Angeboten für die Vögel. Das hat sich zum Glück geändert.

Die heutigen mitteleuropäischen Populationen sind nur noch die Relikte einer ehemals weitverbreiteten Waldvogelart. In den Nadelwäldern der Hochlagen ab etwa 800 Höhenmetern bieten die Nationalparks Bayerischer Wald und Šumava sowie der Naturpark Bayerischer Wald den bis zu vier Kilogramm schweren Hühnern aber noch eine Heimat, in
der sie sich sichtlich wohlfühlen.

NICHT SICHTBAR, ABER TROTZDEM GEZÄHLT

Auerhühner zählen zu den Schwergewichten unter den Vögeln, sind schlechte Flieger und ernähren sich vor allem in den Wintermonaten von schwer verdaulicher Nadelkost. Das scheinen die Beweggründe zu sein, warum die Tiere Störungen jeder Art vorzeitig aus dem Weg gehen. Die Tiere zu beobachten ist schwierig. Dennoch konnte die Population im Bayerwald gezählt werden. Waren es in den 1980er Jahren nur noch wenige Tiere auf bayerischer Seite, ergaben intensive Feldstudien und Forschungsarbeiten im Jahr 2010 rund 500 Individuen beidseits der Grenze. Der Clou dabei: Über Analysen gesammelter Kotproben konnte mittels der genetischen Fingerabdrücke die Populationsgröße gut geschätzt werden. Bei einer wiederholten Studie im Jahr 2017 zeigten die Ergebnisse dann nochmal einen leichten Anstieg auf eine mittlere Schätzgröße von etwa 600 Individuen im Untersuchungsgebiet. Eine leicht beruhigende
Erkenntnis aus Sicht des Artenschutzes: Dank dieser Anzahl wird die Art in der Region als weiterhin überlebensfähig eingestuft.

AUCH PFLANZEN UND INSEKTEN FREUEN SICH

Forscher im Nationalpark beschäftigen sich seit vielen Jahren mit dieser Vogelart, denn sie gilt als Zielart im Naturschutz. Ihre Lebensraumansprüche sind so komplex, dass durch den erfolgreichen Schutz dieser Spezies gleichzeitig
eine Vielzahl anderer Arten und ganze Gemeinschaften geschützt werden können. Dazu zählen zum Beispiel sonnige und trockene Bereiche für krautige Pflanzen und Insekten, Totholz als Lebensgrundlage für Pilze und seltene Käfer sowie
Pioniergehölze als wichtige Elemente in der Walderneuerung nach Stürmen wie Windwurf oder massivem Insektenbefall.

SCHUTZ DURCH RUHE

Ein wichtiges Ergebnis der Untersuchungen ist, dass in Lebensräumen mit erhöhtem Besucheraufkommen deutlich weniger Auerhühner leben oder sogar ganz fehlen. Analysen der Stresshormone in den dort trotzdem noch gefundenen Kotproben untermauern diesen Zusammenhang: Regelmäßig hohe menschliche Anwesenheit stresst die Tiere.
Ein Umstand, der ökologisch für die Population fatale Konsequenzen haben kann – etwa durch einen geringeren Bruterfolg. Die Erkenntnisse helfen daher beim Einrichten von Ruhezonen für das Auerhuhn. Wanderwege
können so phasenweise geöffnet, andernorts zur Brut- und Balzzeit ganz gezielt temporär gesperrt werden. Erst dank solcher Regelungen konnte sich die Population im Mittelgebirge wieder stabilisieren.

KURZ UND BÜNDIG: 

  • Kot der Auerhühner gibt nicht nur Aufschluss über deren Anzahl, sondern auch über ihr Stresslevel.
  • Die seltenen Tiere sind sehr störungssensibel und meiden frequentierte Wanderwege großräumig.
  • Gezielte Besucherlenkung kann die Waldvögel in der Brut- und Balzzeit effektiv schützen.

Der Text ist in der Broschüre "Forschung im Nationalpark" erschienen und kann auf der Homepage des Nationalparks Bayerischer Wald heruntergeladen werden. 

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