Waldpilze – Schmerzmittel - Waschmittel

Eindrucksvoller Vortrag im Haus zur Wildnis über segensreiche Wirkung und Nutzung von Biokatalysatoren

Pressemitteilung Nr. 020/13

Datum: 14.02.2013

Wer bisher glaubte, Pilze sind zum Essen da – zumindest die „Schwammerl“ – wurde von Prof. Dr. Martin Hofrichter im Rahmen der beliebten wissenschaftlichen Vortragsreihe der Nationalparkverwaltung im Haus zur Wildnis eines Besseren belehrt.

Natürlich stritt auch der Professor an der Uni Dresden die kulinarischen Vorzüge von „Dobernigl“ und „Rehgoaß“ nicht ab. Seinem Team wird jedoch vornehmlich die Aufgabe gestellt, den bei weitem noch nicht erforschten Wesen weitere Geheimnisse zu entlocken und diese für uns Menschen nutzbringend einzusetzen. Wissenschaftlicher ausgedrückt heißt es: Neue Biokatalysatoren zu finden.

Mit diesem Thema „beschäftigte“ Prof. Hofrichter im Sinne des Wortes sein aufmerksam zuhörendes Publikum. Man hörte es förmlich knistern und rattern in den allmählich heißglühenden Köpfen, wo so manche Gehirnwindung Schlagworte wie „Protisten“, „Saprophyt“, „Mykorrhia“, „Oxidative Enzyme“, „Lignin“, „Protein“, „Peroxidase“ oder „enymatische Verbrennung“ aus der längst vergessenen Schulzeit in Erinnerung rief aber, „Hand aufs Herz, nicht immer auf die richtige Reihe brachte.“ Der verstohlene Blick im näheren Umfeld bestätigte: es gab noch mehr im Saal, die Molekularbiologie nicht als unbedingt lebensnotwendig in der Schule einwerteten.

Das war auch gar nicht notwendig, wie sich schnell herausstellte; denn der Hochschulprofessor  ging sein Thema systematisch, ja fast behutsam an. Dabei überraschte er sein Publikum mit Aussagen wie: Pilze bilden wie die Pflanzen und Tiere ein eigenes Reich, das insgesamt betrachtet, näher bei den Tieren als den Pflanzen angesiedelt ist. Es ist jedoch ein Riesenreich mit schier unzähligen Unterteilungen, Gruppen, Arten, Unterarten usw. Sie alle aber haben eines gemeinsam: sie absorbieren, sprich: verschlingen, saugen, verschlucken ihre Nahrung, bilden verschiedenartigste Zellen aus und vermehren und verbreiten sich mit Hilfe von Sporen. Das gilt für Steinpilze genauso wie für Schleimpilze.

Ihre besonderen Eigenschaften sich zunutze zu machen, ist Hauptaufgabe der Biotechnologie. Dazu zählen vornehmlich die einzigartigen Stoffwechselleistungen, insbesondere die alkoholische Gärung, die Bildung von Antibiotika (z.B. Penicilline) und anderen Wirkstoffen sowie die Zerlegung und das Recycling komplexer Naturstoffe wie Holz und Humus. Mit Hilfe von biologischen Agenzien (Mikroorganismen wie Bakterien, Algen und auch Pilzen) wird versucht, ein Ausgangsprodukt oder einen „schlechten Zustand“ in ein erzeugtes Produkt mit „besserem Zustand“ zu verwandeln. In der Praxis bedeutet dies: gegen Krankheiten aller Art Schmerz – oder Heilmittel zu erzeugen bzw. Reinigungsmittel wie Waschpulver zur Fleckentfernung oder auch Substanzen zur biologischen Klärung von Schmutzwasser herzustellen.

Das Leben und Wirken von Pilzen zu studieren, gibt dazu die entscheidenden Impulse. Die chemischen Prozesse zu kopieren und für die Industrie in eine wirtschaftliche Reife innerhalb eines finanzierbaren Rahmens zu transportieren, das ist Aufgabe der Biotechnologie. Methoden für Medizin, Land- und Forstwirtschaft oder Industrie zu entwickeln, nützt alleine nichts, es muss auch für den Nutzer bezahlbar sein!

Sie fragen jetzt: und was hat das mit dem Nationalpark zu tun?

Sehr viel, lautet die Antwort. Auch Prof. Dr. Hofrichter ist klar, dass wir heute bei weitem noch nicht alles über Pilze wissen, wie sie leben, was sie bewirken und auf welche Weise. Dazu muss man komplexe Vorgänge, z. B. den Zersetzungsprozess von Totholz ungestört erforschen können.

In Mitteleuropa, wo die Biotechnik bereits sehr fortgeschritten ist, gibt es aber kaum Flächen, wo ein unbeeinflusster Prozessschutz zugelassen wird. Der Nationalpark Bayerischer Wald mit seinen ehemaligen Totholzflächen in den Naturzonen bietet dazu reichlich Forschungsansätze. Der gegenwärtig ablaufende Verrottungsvorgang gibt tiefe Einblicke nicht nur in das „Uhrwerk“ des Ökosystems Wald, sondern stellt auch wertvolle Plattformen für die analytische Forschung zum Wohle der Menschheit.

Am Hochschulinstitut Zwickau der Uni Dresden, das auch gerne als Werkstatt europäischen Denkens genannt wird, laufen die Fäden auf der Suche nach weiteren Anwendungsverfahren umweltfreundlicher Biokatalysatoren für Pharmazie und Industrie zusammen. Pilze als lebende Lehr- und Anschauungsobjekte sind dabei unverzichtbar, das hat der Vortrag von Prof. Dr. Hofrichter eindrucksvoll gezeigt.

Rainer Pöhlmann  

Foto: Hofrichter 

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