Forststraßenrenaturierung viel billiger als vermutet

Pressemitteilung Nr. 173/09

Datum: 22.12.2009

Brücken an Begangsteigen werden von Renaturierungsmaßnahmen ausgenommen. Um den Fischen den Aufstieg zu ihren Laichplätzen zu ermöglichen, wird lediglich die Geschiebesperre entfernt.
Foto: Englmaier

Brücken an Begangsteigen werden von Renaturierungsmaßnahmen ausgenommen. Um den Fischen den Aufstieg zu ihren Laichplätzen zu ermöglichen, wird lediglich die Geschiebesperre entfernt. Foto: Englmaier

Das Bärnloch „verschlang“ bisher nur 11.060,42 € zugunsten der Entstehung eines unzerschnittenen Natur-Rückzugsgebietes

(Pö) Die im Herbst begonnene Renaturierung von ehemaligen Forststraßen im Bärnloch durch die Nationalparkverwaltung hat bei der Bürgerbewegung Verärgerung und Unverständnis ausgelöst. Von „Geldverschwendung“ bis hin zu „Zerstörung alter Kultur“ war die Rede. Und auch der Vorwurf, die Nationalparkverwaltung setze sich selbstherrlich über die Köpfe der Bevölkerung hinweg, war wieder einmal zu hören.

Ob mit diesen völlig aus der Luft gegriffenen Argumenten und Zahlen – es wurde von 500.000 Euro gesprochen – ganz bewusst und gezielt Anti-Nationalpark-Stimmung erreicht werden soll, bleibt dahingestellt. Fakt ist, dass die Vorwürfe zu Unrecht erfolgen und einer Klarstellung bedürfen.
Wie bereits in einem früheren Statement zum Ausdruck gebracht wurde, ist der Nationalparkverwaltung per Verordnung vorgegeben, die früher forstwirtschaftlich geprägten Wälder … langfristig einer natürlichen, von Menschen unbeeinflussten Entwicklung zuzuführen (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 der Nationalparkverordnung). Um das Wirken der natürlichen Umweltkräfte und die ungestörte Dynamik der Lebensgemeinschaften gewährleisten zu können, wie es in eben diesem Paragraphen in Abs. 1 steht, müssen dabei hindernde und beeinträchtigende Gegebenheiten beseitigt werden. Selbst bei einem nur flüchtigen Blick auf eine Wanderkarte wird das sehr dichte Forststraßennetz im Bärnloch überdeutlich sichtbar. Und Forststraßen, ganz besonders in steilen Lagen, stellen gravierende Hindernisse dar. Von vielen Kleinlebewesen sind sie nicht überwindbar. Sie unterbrechen außerdem in solchem Gelände ganz massiv den natürlichen Hangwasserzug und leiten in den bergseitigen Gräben Oberflächenwasser teils bis zu 200 m vom ursprünglichen Verlauf ab. Gerade im Bärnloch mit seinen zahlreichen Seigen im Quellgebiet der Großen Deffernik gilt dies ganz besonders, denn der Wasserhaushalt bestimmt neben der Bodenart und den herrschenden Temperaturen maßgeblich, was „wächst, kreucht und fleucht“.

Die Nationalpark-Philosophie „Natur Natur sein lassen“ auf zur Waldbewirtschaftung gebauten Straßen anzuwenden, lässt sich leider nur im ebenen Gelände durchführen und wurde im Bereich Bärnloch ebenfalls auf über 500 m Forststraße praktiziert. Dort wächst in der Tat der „Zahn der Zeit“ darüber. An den weit überwiegenden Hangstraßen bleiben jedoch Wasserdurchlassrohre und alte Brücken auf Dauer ein Störfaktor. Man traut seinen Augen kaum angesichts der Berge ausgegrabener Betonrohre und Brückenbauteilen auf den bislang erfolgten 2.810 Laufmetern Straßenrenaturierung.
Nun zu den Kosten: Die Zahlen für das Bärnloch liegen jetzt auf dem Tisch. Für die bisher renaturierten 2.810 Laufmeter ehemaliger Forststraßen wurden einschließlich Entsorgung aller Beton- und Eisenteile  genau 11.060,42 Euro bzw. 3,93 Euro je Laufmeter aufgewendet.
Selbst die Gesamtmaßnahme „Renaturierung Bärnloch“ – vorgesehen sind gemäß Nationalparkplan der Rückbau von 10.360 Laufmeter Forststraßen mit 57 Gewässerüberquerungen und vier Brücken – werden auch nicht annähernd die im Raum stehenden 500.000 Euro, sondern hochgerechnet nur 40.714,80 Euro kosten. Dafür entsteht als Gegenleistung im oberen Defferniktal ein relativ großes, unzerschnittenes Naturkleinod, barrierefrei für Fische auf dem Weg zu ihren Laichplätzen, frei von Autos – auch denen von Nationalpark-Mitarbeitern – und ein Rückzugsgebiet für störempfindliche Tierarten wie z. B. das Auerhuhn, das Rotwild und den Luchs. Der Nationalparkphilosophie „Natur Natur sein lassen“ steht dann buchstäblich nichts mehr im Wege.

Freuen darf sich darüber auch der wahre Naturliebhaber; denn die nicht störenden alten Begangsteige und Ziehbahnen wurden nicht angetastet und dürfen in der seit 1. November bestehenden, neuen Naturzone Bärnloch als sog. „Sonstige Wege und Steige“ vom 15.07. bis 15.11. eines jeden Jahres weiterhin begangen werden. 

Bildunterschrift:
Auch zwei an alten Begangsteigen angebundene Brücken in kunstvoller Bauweise werden von den Renaturierungsmaßnahmen ausgenommen. Lediglich die im Vordergrund zu sehende Geschiebesperre wird entfernt, um Fischen den Aufstieg zu ihren Laichplätzen zu ermöglichen.
Foto: Karl-Heinz Englmaier  

 


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